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Vorster: Für einen Konsumenten ist es im- mer noch recht schwierig, von außen fest- zustellen, welche Qualität eine Matratze hat. Es gibt gute Matratzen für relativ güns- tiges Geld und teure, die nicht halten, was sie versprechen. Da kommt es nicht allein auf den Verkäufer und seine Beratung an. Die Menschen finden nach einigen Tagen selbst heraus, ob eine Matratze gut für sie ist oder nicht. Dafür müssen sie mehrere Nächte probeliegen. Die eigene Einschät- zung ist schon recht verlässlich. Sie sagt nur leider nichts darüber aus, ob eine Mat- ratze lange halten wird.
Haustex: Haben Sie abseits von ergono- mischen Aspekten den Eindruck, dass die Erkenntnisse der Schlafforschung ausrei- chend in die Produktentwicklung einflie- ßen ?
Vorster: Leider nicht. Es ist wirklich schade, dass sich die Schlafmedizin wenig darum kümmert, worauf die Menschen tatsächlich liegen, und gleichzeitig die Matratzenher- steller ihre Produkte kaum wissenschaftlich testen lassen. Das ist natürlich ein Kosten- faktor, aber einige Tests sind tatsächlich re- lativ einfach durchführbar.
Haustex: Können Sie ein Beispiel nennen ?
Vorster: Mit standardisierten Fragebögen oder Fitnessarmbändern wie Fit Bit oder Garmin lassen sich schon einfache Stu- dien machen. Diese Geräte kosten nicht viel. Damit wird man keine Schlafstadien bestimmen können, aber sehr wohl, ob sich die Menschen mehr oder weniger auf
„Es ist wirklich schade, dass sich die Schlafmedizin wenig darum kümmert, worauf die Menschen tatsächlich liegen.“
einer neuen Matratze bewegt haben. Man kann sich außerdem die Herzratenvaria- bilität anschauen. Dies gibt schon einen guten Hinweis darauf, ob die Person ru- higer und damit wahrscheinlich auch tie- fer geschlafen hat oder nicht. Ich würde mir wünschen, dass die guten und seriö- sen Hersteller, die es auf dem Markt gibt, ein wenig in diese Tests investieren. Denn ich glaube, dass die Produkte, die auf dem Markt sind, das hergeben. Das setzt aber eine wissenschaftliche Begleitung voraus.
Haustex: Was nutzen Schlaftracker, Apps und Co. dem Otto-Normalschläfer ?
Vorster: Wie gesagt, die Apps und Wear- ables, die bislang auf dem Markt sind, können nicht wirklich gut zwischen den Schlafstadien unterscheiden. Wir sind sicher noch fünf, sechs Jahre davon entfernt, bis die ersten Geräte das kön- nen. Bisher können sie die Schlafstadi- en höchstens grob schätzen, und das bringt einem Nutzer relativ wenig. Aber selbst wenn diese Apps sehr gut wären und tatsächlich Tiefschlaf und REM- Schlaf messen könnten: Was bringt es dem Nutzer, dies zu wissen ? Ich kann mir nicht schlicht vornehmen, tiefer zu schlafen.
Haustex: Als Schlafforscher, der sich in- tensiv mit dem Thema beschäftigt und so viel weiß: Schlafen Sie selbst gut – oder haben auch Sie manchmal Probleme ?
Vorster: Ich glaube nicht, dass mir mein Wissen über den Schlaf auch zu einem viel besseren Schlaf verholfen hat, eher zu einem bewussteren Umgang damit. In meinem Leben hatte ich bisher zum Glück meist einen wirklich guten Schlaf. Ich kann aber nicht mehr ganz naiv ein- schlafen und achte schon ein wenig stär- ker auf meinen Schlaf. Für ihn räume ich mir sehr bewusst Zeit ein und achte darauf, jede Nacht meine siebeneinhalb Stunden Schlaf zu bekommen.
Zukunftsthema Schlafen
         Warum wir schlafen – das Buch
Der Schlaf begleitet uns ein Leben lang, er macht einen Großteil unseres Lebens aus. Trotzdem denken wir kaum darüber nach – auch wenn jeder Morgen mit der Frage be- ginnt: Wie hast Du geschlafen ? „Etwas mehr darüber zu wissen, was zu dieser Frage beiträgt, das kann vielen Leuten Spaß machen“, ist Schlafforscher Albrecht Vorster über- zeugt. In seinem Buch „Warum wir schlafen“ (Heyne) erzählt er auf spannende und unter- haltsame Weise, was mit dem Körper im Schlaf geschieht und wie jeder Mensch für sich herausfinden kann, wie lange er schlafen muss, um fit zu sein und gesund zu bleiben. Als erfolgreicher Science-Slammer weiß Vorster dabei, wie sich Wissenschaft so aufbereiten lässt, dass man bei der Lektüre garantiert nicht einschläft.
    raumausstattung.de
Haustex 5/2020 49



















































































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