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  NACHHALTIGKEIT
 Unter Wissenschaftlern herrscht Konsens darüber, dass der Klimawandel zu einer Steigerung der Produktivität in der Arktis führt.
»Der Themenkom­ plex „Nachhal­ tigkeit“ besitzt viele Facetten, denen je nach Blickwinkel und Marktposition oft unterschiedliche Bedeutung bei­ gemessen wird.
In der Folge erheben plötzlich Staaten Anspruch auf diese Ressourcen, die vorher von der Fischerei weitge­ hend ausgeschlossen waren. Jüngstes Beispiel für die­ ses Dilemma war der Streit zwischen der EU, Norwe­ gen, Island und den Färöern um die Atlantische Ma­ krele, die jeden Sommer im Nordostatlantik 400 km weiter nach Norden und 2.650 km nach Westen vor­ dringt. Weil der Bestand dieser Fischart wächst und die Makrele jetzt auch in Gewässern vor Island und um die Färöer auftaucht, genehmigten sich beide Län­ der selbstständig und international nicht abgestimmt deutliche Quotenerhöhungen. Das wiederum gefähr­ dete die Nachhaltigkeit der Fischerei, so dass der MSC gezwungen war, das Zertifikat auszusetzen.
Das Problem schwelt weiter, denn Anfang Juni hat nunmehr Norwegen eigenmächtig, ohne Verhand­ lungen und Zustimmung der übrigen Küstenstaa­ ten, seine Quote, die 2020 noch bei 213.880 t lag, auf 298.299 t angehoben. Die Färöer zogen nach und ha­ ben ebenfalls ihre Quote erhöht. Solche Eigenmäch­ tigkeiten gefährden die Nachhaltigkeit der Fischerei und bergen zudem großes Konfliktpotenzial. Wir brauchen dringend Schlichtungsmechanismen, die solche Streitigkeiten auf vernünftige Weise regeln. Zumal einige Fischarten schon jetzt vom Klimawan­ del profitieren. Die Anzahl der Schollen, Seezun­ gen, Schildmakrelen und Sardellen in der Nordsee wächst, die Menge der Seehechte hat sich in den letzten 15 Jahren verfünffacht. Damit stellt sich die Frage, wer Zugriffsrechte auf die wachsenden Res­ sourcen erhält. Auch der Brexit schafft Probleme, von denen längst nicht alle zufriedenstellend gelöst sind. Zudem ist offen, wie die Fischereirechte in der Arktis verteilt werden, wenn das riesige Gebiet im Sommer
eisfrei sein wird. Noch halten sich die zehn Unter­ zeichnerstaaten an das Fischereimoratorium, das sie vor 16 Jahren für die Arktis unterzeichnet haben. Ei­ gentlich soll es erst aufgehoben werden, wenn soli­ de wissenschaftliche Grundlagen geschaffen und ein ökosystembasiertes Managementsystem aufgebaut ist. Doch das Ziel ist noch weit, die Zeit drängt und die Begehrlichkeiten wachsen.
Carbon Footprint der Fischerei ist relativ gering
Da steht es um die Nachhaltigkeit der Krillfischerei in der Antarktis schon wesentlich besser, wie Pål Ei­ nar Skogrand, Nachhaltigkeitsdirector von Aker Bio­ Marine, deutlich machte. Sein Unternehmen gehört zu den wenigen Playern, die geeignete Technologien besitzen, um die wertvolle Ressource Krill in diesem komplizierten und weit entfernten Fanggebiet zu nut­ zen. Die Fischerei in der Antarktis ist streng reguliert, die Fischerei entnimmt weniger als 1% der verfügbaren Krillbiomasse. Die Fangmethode des Krilltrawlers von Aker BioMarine vermeidet Beifänge und hält sich aus den Schutzzonen heraus, die 2018 von der Industrie in freiwilliger Initiative eingerichtet wurden. Außerdem arbeitet Aker BioMarine eng mit Wissenschaftlern zu­ sammen, um aufkommende Probleme, die durch den Klimawandel entstehen, rechtzeitig zu erkennen.
Weil der Carbon Footprint von Fisch im Vergleich mit anderen Lebensmitteln, insbesondere tierischen Produkten, sehr gut abschneidet, empfahl Peter Tyedmers (Dalhousie University, USA), aus Grün­ den des Klimaschutzes mehr Fisch zu essen. Die Er­ zeugung von Lebensmitteln trage rund ein Drittel zu
58 FischMagazin 11/2021
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FOTO: ALFRED-WEGENER-INSTITUT / MICHAEL GUTSCHE























































































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