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   9 BIOFACH
»Alle Fischerei- fahrzeuge müssen mit Kameras ausge- rüstet werden, egal welche Schiffsgröße. Viele Kleine können mehr Mist bauen als ein paar Große.
neben der Balance des empfindlichen Ökosystems vor allem soziale Aspekte im Vordergrund stehen – von Rettungswesten für die Fischer bis zur Schulbil- dung ihrer Kinder – , geht es bei der Seelachsfischerei in der Nordsee vor allem um die Schonung des Mee- resbodens, die Minimierung von Beifängen sowie ei- ne umweltfreundliche Schiffstechnik.
Diese je nach Fischerei unterschiedliche Gewich- tung zeichnet den Naturland Wildfisch-Standard aus. Über den Basisstandard hinaus werden gemeinsam mit externen Experten für jede einzelne Fischerei in- dividuelle Bewirtschaftungsauflagen in ökologischer und sozialer Dimension sowie für das Management definiert. Alle Auflagen müssen zu 100 Prozent erfüllt werden. Dahinter steht die Idee, Fischereien nicht nur nachhaltig zu gestalten, sondern sie aktiv wer- den zu lassen für ökologische und soziale Anliegen. So befischen die Naturland-Seelachsfischer nur 20 Prozent ihres Fischereigebietes in der Nordsee, um Aufwuchsgebiete der Seelachse und empfindliche Habitate nicht zu stören.
Schollen aus Snurrewaden- und Stellnetzfang
Ebenfalls aus der Nordsee kommen Naturland Wildfisch zertifizierte Schollen. Gefangen werden
die Plattfische in der Jammerbucht vor der West- küste Nordjütlands alleine mit Wadennetzen, so- genannten Snurrewaden, und Stellnetzen. Beide Fanggeräte schonen den Meeresboden, der dort eine hohe Biodiversität aufweist, und machen die Qualität des Fisches aus. Wie schon im Mittelalter gehen die Fischer hier vom Strand mit Holzbooten,
 Naturland Wildfisch-Zertifikat für Seelachs
Weite Maschen, leichte Scherbretter, kaum Beifang
Seit Ende 2017 fangen inzwischen zwei deutsche Fischereischiffe den Seelachs sowie die Beifischarten Schellfisch und
Seehecht gemäß den Naturland-Richtli- nien für nachhaltige Fischerei. Die zerti- fizierte Fischerei minimiert den Einfluss auf das Meeresökosystem durch leichtere Netze mit besonders großen Maschenwei- ten (127 mm statt dem EU-Standard von 100 mm). Besonders leichte Scherbret- ter (1 t statt der üblichen 4 t) minimieren die Bodenberührung und reduzieren den Treibstoffverbrauch um ein Drittel von ca. 6.000 auf 4.000 l/Tag. Als Treibstoff wird nur schwefelarmer Schiffsdiesel eingesetzt, kein Schweröl. Die Fischerei erfolgt in Ge- bieten, in denen keine riffbildenden Kalt- wasserkorallen (v.a. Lophelia) vorkommen.
62 FischMagazin 1/2021
Kai-Arne Schmidt, Geschäftsführer Kutterfisch
Es werden definierte Fischereigebiete ein- gehalten und keine „neuen“ Strecken für den Schleppnetzeinsatz „ausprobiert“. Der Beifang ist relativ gering, zum Teil betrug er nur 0,03%. Um das Shelf Life der Ware zu erhöhen, überschreitet die Dauer der Fang- fahrten 7 Tage nicht. Zertifikatshalter ist die Kutterfisch-Zentrale. Diese übernimmt auch den Vertrieb der gefangenen Fische. FischMagazin sprach mit Kutterfisch-Ge- schäftsführer Kai-Arne Schmidt.
FischMagazin: Weshalb hat sich Kutter- fisch für eine Naturland Wildfisch Zertifi- zierung entschieden ?
Kai-Arne Schmidt: Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, waren wir auch die Ersten, die
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FOTO: DEUTSCHE SEE

















































































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