Page 30 - FM-08_2020
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 LACHS
  FAKTENCHECK
n BEHAUPTUNG Jaenicke fragt:
„Wie lange soll die Lernphase denn noch dauern ? Sollten wir nicht erst Lösungen parat haben, bevor wir auf Kosten von Tieren einfach auspro- bieren ?“
n WAHRHEIT
Norwegens Lachsindustrie
ist weltweit ein Vorbild, was die permanente Verbesserung von Technik und Technologien und die schnelle Umsetzung moderner Forschungsergeb- nisse angeht.
an der Oberfläche... sie springen!!“. Der einsei­ tige Film präsentiert nur das, was die Vorurteile der Autoren und Jaenickes stützt. Im Zusam­ menhang mit der Bekämpfung von Seeläusen, die tatsächlich ein drängendes Problem für die Lachsaquakultur sind, wird zum Beispiel nur über chemische Therapien gesprochen (ver­ mutlich, weil Chemikalien gut zum gängigen Bild der Aquakultur passen), während das Pa­ ket alternativer Maßnahmen, die stark an Be­ deutung gewinnen, mit keinem Wort erwähnt wird. Das gilt auch für Ethoxyquin, das mitt­ lerweile im Fischfutter kaum noch vorkommt, jedoch (mit Genehmigung der EFSA) in einer Übergangsfrist noch bis Sommer 2020 genutzt werden darf. Eigentlich ist das Problem also erledigt. Um die gewissermaßen letzte Chan­ ce zur Kritik nicht ungenutzt zu lassen, wird das Thema noch einmal aufgewärmt und ei­ ne alte Greenpeace­Studie aus dem Jahr 2016 hervorgekramt.
Seafood habe für seinen Besuch im Norden Norwegens eine besonders vorbildliche Lachs­ farm ausgewählt („Drehort vermutlich nicht zu­ fällig gewählt“), dürfte weniger voreingenom­ menen TV­Konsumenten aufgefallen sein, dass alle Gesprächspartner offen waren und auch ungelöste Probleme nicht verschwiegen. Viel­ leicht aus Höflichkeit haben sie es aber manch­ mal versäumt, den kritischen Gast auf Irrtümer und Wissenslücken hinzuweisen. Wenn der norwegische Lachsfarmer zum Beispiel Jaeni­ ckes absurder Bemerkung, Lachse würden mit „normaler Lebensmittelfarbe“ rot gefärbt, nicht energisch widerspricht, sondern diesen Un­ fug auch noch bestätigt, ist das traurig und ein schweres Versäumnis. Er hätte bei dieser Gele­ genheit auf den besonderen Wert und die es­ sentiellen biologischen Funktionen der teuren Pigmente im Futter hinweisen müssen.
Verzicht auf das Lebensmittel Lachs ist nicht gerechtfertigt
Gleich doppelt unsinnig ist Jaenickes Annahme „Weil Futter immer billiger wird, werden Raub­ fische zu Vegetariern umerzogen, statt mit teu­ rem Wildfisch werden Lachse heute mit billigen Rohstoffen wie Soja gefüttert“. Zum einen wird Futter keineswegs „immer billiger“ und zum anderen war die Verfütterung von Wildfischen jahrelang einer der Hauptvorwürfe, die von Kri­ tikern gegen die Lachsaquakultur vorgebracht wurden. Wenn die Futterindustrie jetzt mit ho­ hem Aufwand eine Lösung für dieses Problem anbietet, passt es Jaenicke auch wieder nicht. Ebenso fragwürdig ist sein Rat, geschlossene Kreislaufanlagen als Alternative zur „Massen­ tierhaltung“ („Massentierhaltung unter Was­ ser ist angezählt“) zu nutzen. Wenn man im Kontext mit Lachsaquakulturen überhaupt von Massentierhaltung sprechen kann, sind Kreis­ laufanlagen ganz gewiss keine Lösung, denn diese Haltungsform erfordert besonders hohe Fischdichten, um halbwegs rentabel arbeiten zu können.
Wenn Hannes Jaenicke am Ende des Films ge­ nervt nörgelt: „Wie lange soll die Lernphase denn noch dauern ? Sollten wir nicht erst Lö­ sungen parat haben, bevor wir auf Kosten von Tieren einfach ausprobieren ?“, übersieht er of­ fensichtlich, dass die Lachsindustrie jeden Cent erst erwirtschaften muss, bevor sie ihn investie­ ren kann. Während sich öffentlich­rechtliche Medien wie das ZDF bequem aus Gebühren
 Wildlachse sind vielen Bedrohungen ausgesetzt, vom Klimawandel und der Zerstörung von Lebensräumen über industrielle Aktivitäten im Verbreitungsgebiet bis zur regionalen Überfischung. Trotzdem weist der Film die Hauptschuld allein der Aquakultur zu.
Unkenntnis beweist Jaenicke in jenen Passagen des Films, in denen es um die Beförderung der Fische zur Schlachtung geht: „Im Akkord zur Schlachtreife gebracht ... letzte Reise... durch ein enges Rohr abgesaugt... eng gedrängt... den Stress der Tiere kann man sich vorstellen!“. Je­ der Fachmann wird ihm bestätigen, dass gera­ de Fischpumpen die schonendste aller derzeit verfügbaren Transportmethoden sind. Sie sind das Mittel der Wahl, weil sie nachweisbar weni­ ger Stress verursachen als traditionelle Kescher. Obwohl Jaenicke misstrauisch argwöhnt, Grieg
30 FischMagazin 8/2020
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Das war keine objektive Bericht- erstattung, sondern der Versuch, möglichst viele Verbraucher
zu verunsichern und vom Lachsverzehr abzuhalten.
www.fischmagazin.de
















































































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