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 Ausbildung
Interview mit Metzgermeister Markus Melzer (Globus Halle / Saale)
„Ein Lob ist manchmal mehr
wert als 100 Euro mehr Lohn“
Wo liegen die Ursachen dafür, dass sich immer weniger junge Menschen für fleischhandwerkliche Berufe begeistern können ? Was müsste seitens der Wirtschaft unternommen werden, um fleischhandwerkliche Berufe für Schulabgänger wieder attraktiver zu machen ? Fleischmagazin sprach mit Markus Melzer (40), Metzgermeister und Leiter der Globus-Fachmetzgerei in Halle (Saale), über die Themen Ausbildung
und Karriere im Fleischhandwerk.
Fleischmagazin: Herr Melzer, der Fach- kräftemangel in fleischhandwerklichen Berufen nimmt seit Jahren zu. Worin lie- gen Ihrer Meinung nach die Ursachen dafür ?
Markus Melzer: Ich sehe diese Entwick- lung ebenfalls seit Jahren, erlebe den Mangel u.a. auch hautnah durch mei- ne Tätigkeit als Prüfer in der Hand- werkskammer, über die ich tiefe Einblicke in die gesamte Branche habe. Und da muss ich erkennen,
dass in den letzten Jahren immer seltener Schlachtkörper noch
von den Betrieben selbst ver-
arbeitet werden, sondern sich Metzgereien immer häufiger
bereits fertig portionierte Ware
liefern lassen müssen, weil sie
die Manpower nicht mehr ha-
ben. Vor allem mangelt es an Zer- legern. Das ist ein Riesenproblem.
Die Ursachen für den Fachkräfte- mangel sind vielschichtig. Vor allem haben sich gesellschaftliche Werte ver- schoben, angefangen bei der zu niedri- gen Wertschätzung von Lebensmitteln, die in Deutschland meines Erachtens zu billig sind, bis hin zur sinkenden Würdi- gung fleischhandwerklicher Berufe.
Fleischmagazin: Ist Ihr Betrieb aktuell vom Fachkräftemangel betroffen? Ha- ben Sie Schwierigkeiten, Auszubildende zu finden ?
Melzer: Zwar fällt es auch uns nicht immer leicht, neue Auszubildende zu
Metzgermeister Markus Melzer ist Teamleiter der Globus-Fachmetzgerei in Halle (Saale).
bekommen. Aber in den letzten Jahren ist uns das im Ergebnis immer gelun- gen. Von den aktuell 50 Mitarbeiterin- nen und Mitarbeitern in meinem Team haben 16 zuvor eine Ausbildung bei uns gemacht und sind anschließend im
Unternehmen geblieben. Das ist eine sehr erfreuliche Quote. Derzeit haben wir drei Auszubildende.
Fleischmagazin: Wie gelingt Ihnen das ? Was machen Sie besser als andere Unternehmen ?
Melzer: Zum einen bieten wir eine gute Ausbildung. Wir zahlen ein gutes Lehr- lingsgehalt, achten auf angemessene Arbeitszeiten und pflegen eine Kultur
der Wertschätzung. Dieses Umdenken haben wir bei uns schon vor vielen Jahren vollzogen. Zum anderen ge- ben wir hausintern Nachhilfe in den Berufsschulfächern, wenn es nötig oder erwünscht ist. Wir lassen kei- nen Azubi mit seinen Problemen al- lein, sondern unterstützen ihn aktiv, niemand bleibt zurück. Außerdem stärken wir so auch die Teams und verbessern die Arbeitsatmosphä- re. Jeder einzelne ist hochmoti- viert. Niemand wird überfor- dert oder muss allein hin- ter der Theke stehen. Wir tragen Verantwortung für jeden Auszubildenden und müssen der auch ge- recht werden. Wir tun dies aber aus der Überzeugung heraus, dass wir keine andere Wahl haben, wollen wir über kurz oder lang nicht ohne Azu- bis dastehen. Wir praktizieren bei Glo- bus ein Punktesystem, das die Auszubil- denden nach Arbeitsverhalten, prakti- schen und schulischen Leistungen etc. beurteilt und führen Halbjahres- und
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FleischMagazin 11/2021









































































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