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   kostengünstigen „Abfallprodukten“ aus der Nahrung­ und Getränkeproduktion sowie direkt aus Forst­ und Agrarwirt­ schaftsquellen gesetzt werden.
Eine Produktion von Protein ist unter Nutzung von Kohlendioxid durch Algen ebenso möglich wie die Metabolisie­ rung von Methan durch Bakterien. Hier greifen allerdings restriktive rechtliche Regularien, denn jeder dieser zur Le­ bensmittelproduktion erzeugten Stoffe muss zunächst als Novel Food zugelas­ sen werden.
Mikro-Algen
Mikroalgen, die für den menschlichen Verzehr produziert werden, haben einen hohen Eiweißgehalt von typischerweise 60 bis 70 %, zusätzlich essentielle Fett­ säuren, Vitamine und oft Chlorophyll. Nachdem sie vormals überwiegend in Tablettenform oder in flüssiger Form als Ergänzungsmittel eingesetzt wurden, finden Algen der Arten Arthrospira und Chlorella zunehmend als Austausch für Pflanzenprotein Verwendung. Die Al­ genkultivierung kann Spezies­abhän­ gig sowohl in der traditionellen Photo­ synthese von Kohlendioxid und Licht
Knoblauch & Pilz-Schnitzel von Quorn, dem Pionier für Fleischalternativen.
stattfinden als auch durch klassische Fermentation erfolgen.
Fungi
(Pilze inklusive Hefen)
Pilze als Produzent für Einzellerprotein (SCP) sind besonders interessant, da sie zum einen ein sehr interessantes Ami­ nosäuremuster aufweisen, das in gro­ ßen Teilen den Empfehlungen für die Nährstoffzufuhr entspricht, zum ande­ ren weil sie in einigen Fällen in der La­ ge sind, Filament­Strukturen zu bilden, die denen des Muskelfleisches extrem nahekommen.
Der bekannteste Vertreter, dessen Myko­ protein bereits seit mehr als 30 Jahren in der Produktion von Fleischalternativen unter dem Markennamen Quorn genutzt wird, ist der Pilz Fusarium venenatum. An seinem Beispiel lässt sich am besten demonstrieren, welche Schritte notwen­ dig sind, welche Hürden es zu überwin­ den gibt, um ein erfolgreiches Protein zu entwickeln und zu vermarkten.
Quorn basiert auf aus Stärke gewonne­ ner Glucose, die in Fermentern kontinu­ ierlich in gleichbleibender Qualität und Konzentration durch den Fusarium ver­ stoffwechselt wird.
Etwa 50 % des Nährsubstrates wird für den Erhalt des Pilzes selbst gebraucht, die andere Hälfte wird zusätzlich zur Biomassebildung genutzt. Die Fungi bilden dabei die gewünschten Filamen­ te aus, wobei die Viskosität der Mas­ se – unter anderen zur Gewährleistung der Sauerstoffzufuhr – präzise gesteuert werden muss. Dies geschieht durch Fil­ tration der viskosen Biomasse mittels kontinuierlicher Zentrifugation.
Die Wachstumsrate bzw. Verdoppe­ lungsrate ist moderat, was in einen ebenfalls moderaten Gehalt an Nukle­ insäuren mündet. Es besteht eine streng
In einem Airlift Fermenter mit 30 m Höhe stellt Quorn auf Mykoproteinen basierende Rohstoffe für Fleischersatz- produkte her.
positive Korrelation von Verdoppe­ lungsgeschwindigkeit und dem Anteil an RNA. Dieser Gehalt ist zu hoch für die menschliche Ernährung, denn aus der RNA wird im menschlichen Orga­ nismus Harnsäure gebildet, die an der Entwicklung von Gicht und der Bildung von Nierensteinen beteiligt ist. Als Kon­ sequenz ist ein zusätzlicher Bearbei­ tungsschritt nötig, um enzymatisch den Gehalt an RNA zu reduzieren.
Der so eingestellte Mix wird schließlich sprühgetrocknet um nunmehr shelf­sta­ ble – lagerstabil – zum Einsatz zu kom­ men. Die Sprühtrocknung stellt einen signifikanten Kostenfaktor dar und die benötigte Energie belastet die ansons­ ten hervorragende Nachhaltigkeitsbi­ lanz. Entscheidend für den Erfolg ist maximale Kontinuität und Standardi­ sierung. Mutationen des Fungus soll­ ten vermieden werden, Qualität und
 FleischMagazin 6/2021 43


















































































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