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Pflanzliches „Fleisch“ wird zum Milliardengeschäft
Geschätzter Umsatz mit Fleischersatzprodukten 2018 (in Mio. US-Dollar)
USA
UK Deutschland
1.196
Italien 167
Frankreich Niederlande Schweden Belgien Schweiz Norwegen Spanien
126 98
74 47
13 9 7
Bis 2029 könnte der Umsatz
mit Fleischersatzprodukten laut Barclays ein Volumen von 140 Milliarden US-Dollar pro Jahr erreichen.
In nahezu allen Religionen dieser Welt spielt Fleisch ei- ne zentrale Rolle. Häufig, wie im Islam, Judentum oder Hinduismus, gibt es ausgesprochene Fleisch-Tabus, oft verbunden mit Verhaltensregeln gegenüber der Würde bestimmter Tiere.
Was wir als Westeuropäer hingegen portioniert und in Fo- lie verschweißt den Kühlregalen entnehmen, bietet heute oft nur noch einen abstrakten, somit leicht zu verdrän- genden Bezug zu fleischlichen Lebewesen. Die deutsche Erregung um das Fleisch tabuisiert, dass mit unserer west- lichen Lebensform eine tiefe Entfremdung zu den Tieren stattgefunden hat. In Deutschland hat der Fleischkon- sum seinen Aufstieg im Wirtschaftswunder erfahren – der Sonntagsbraten wurde zur Verkörperung von Wohlstand und der Verzehr bewegt sich seit Jahren auf einem sehr ho- hen Niveau von etwa 60 kg Fleisch/ Jahr pro Kopf.
Worauf basieren Fleischalternativen ?
Fleischalternativen sind Lebensmittel, mit denen der Bedarf an (tierischen) Proteinen (Aminosäuren) gedeckt werden kann, ohne dass auf konventionelle Fleischpro- dukte zugegriffen werden muss.
Gerichte in der chinesischen Jiangnan-Region (Shang- hai), die gebratene Ente oder gebratene Gans heißen, werden zum Beispiel aus sehr dünnen Tofu-Schichten hergestellt, die in einer delikaten Marinade aus Sha- oxing-Reiswein, Zucker und Sojasauce eingelegt werden. Sie werden zusammengerollt, gedünstet und dann frit- tiert. Das Resultat hat große Ähnlichkeit mit gebratener Ente oder Gans: eine goldene, knusprige Haut sowie eine fleischartige Konsistenz.
Fleischalternativen sind keineswegs eine Neuent- deckung der letzten Jahre. Aufzeichnungen aus der Tang-Dynastie, zwischen 618 und 907 berichten über ein Bankett, bei denen Schweine- und Lammfleisch in Gerichten durch Gemüse ersetzt wurde. Die vegeta- rische Küche in China ist eng mit der Geschichte der buddhistischen Mönche verknüpft, die während der späten Han-Dynastie (ab 206 v. Chr.) ins Land kamen. Gerichte mit Fleischimitaten werden vor allem mit bud- dhistischen Klöstern in Verbindung gebracht. Die Mön- che selbst aßen nur einfache, vegetarische Speisen, sie mussten jedoch auch Besucher bewirten. Darum kopierten die Mönche klassische Fleischgerichte und ersetzten Fleisch und Fisch durch Gemüse, Tofu oder Weizen-Gluten.
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QUELLE: BARCLAYS RESEARCH/EUROMONITOR
FleischMagazin 1-2/2021 45