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Interview des Monats
             Gedanken über die Zukunft zu machen: Wie wollen wir in 20, 30 Jahren dastehen ? Das ist der große Vorteil eines Familien- unternehmens: dass wir gemeinsam ge- stalten können.
Haustex: Das setzt voraus, dass den Nach- folgern rechtzeitig Raum gegeben wird.
Max Mödinger: In vielen Unternehmen wird den Nachfolgern die Leitung nicht zugetraut. Es wird in den kommenden Jahren zum größten Problem vieler Be- triebe, eine Nachfolge zu finden, die es ernst meint und Lust hat, etwas zu be- wegen. Ich habe schon auf der Messe in Frankfurt gesagt, dass ich die jun- gen Leute auf der Heimtextil vermis- se. Ich war gefühlt der Jüngste und ich kann nur an die Kollegen apellieren: Regelt Eure Nachfolge, sonst stehen wir irgendwann alleine da und es gibt nur noch irgendwelche Importeure, die oh- ne Werte und Erfahrung irgendein Pro- dukt einkaufen.
Haustex: Wie sieht die besondere Verant- wortung konkret aus, von der Sie gespro- chen haben ?
Mödinger: Wir als Familienunterneh- men haben in der Krise nicht geschaut, wo wir Kosten reduzieren, wir haben be- gonnen zu investieren. Familienunter- nehmen können extrem schnell reagie- ren und entscheiden, deshalb sind sie auch deutlich agiler und flexibler und können somit auf das Marktgeschehen reagieren. Und deshalb sind sie auch besser angesehen als irgendwelche Billi- ganbieter, die einfach nur Ware aus Asi- en importieren. Wir stehen seit 70 Jahren hinter unserem Produkt, das ist unsere Kernkompetenz. Und das machen wir richtig gut.
Haustex: Für welche Werte steht Ihr Un- ternehmen ?
Max Mödinger: Das lässt sich nicht auf einige wenige beschränken. Da sind die
Erfahrung und Tradition, wir achten auf Menschlichkeit und Sorgfalt – das alles gehört dazu. Aber wir sind auch offen für Veränderung. Und natürlich sind wir die Experten für guten Schlaf und wollen, dass die Menschen gut schla- fen. Aber wir wollen auch selbst gut schlafen können. Deshalb gibt es bei uns beispielsweise keine Ware aus Kin- derarbeit oder aus umweltschädlicher Produktion.
Matheis-Mödinger: Wir wollen uns bei allen Entscheidungen, die wir treffen, am Ende auch selbst ins Gesicht schau- en können. Das, was wir machen, das tun wir mir Herz und Seele. Und das ist am Ende auch an der Qualität zu spüren. Wir gehen keine Kompromisse ein, nur um günstiger zu sein.
Haustex: Gleichwohl produzieren Sie in der Türkei und nicht in Deutschland.
Mödinger: Ich schließe gerade aufgrund der Möglichkeiten von Digitalisierung und Automatisierung nicht aus, dass ir- gendwann auch wieder eine Fertigung in Deutschland stattfinden kann. Aber man muss sich dazu richtig aufstellen. Mit den jetzigen Produktionsmethoden ist es noch zu früh. Es ergibt auch kei- nen Sinn, so wie es einige machen, eine Baumwolle aus Ägypten oder der Türkei nach Deutschland zu transportieren, sie hier ausspinnen zu lassen, die gestrickte Ware anschließend weit in den Osten zu bringen und zu konfektionieren, um sie anschließend in Deutschland wieder zu verpacken, ‚Made in Germany‘ draufzu- schreiben und dann in anderen Ländern zu verkaufen. Das ist umwelttechnisch völliger Blödsinn.
Haustex: Wäre denn das Label „Made in Germany“ auf der Verpackung für Sie ein wichtiges Verkaufsargument ?
Mödinger: Ich weiß nicht, ob „Made in Germany“ wirklich das Qualitätsmerk- mal ist. In der Türkei kennt man sich mit vielen Dingen deutlich besser aus als bei uns, dort sitzt die komplette Bandbreite der Textilproduktion. Die wissen, wie es funktioniert.
 Max Mödinger
Max Mödinger (Jahrgang 1991) ist aufgewachsen in Göppingen. An der TU München studierte er BWL und Ma- schinenbau und absolvierte zudem am Friedrichshafener Institut für Familien- unternehmen der Zeppelin Universität den Studiengang Family Entrepreneur- ship. Nach dem Studium war Mödinger mehrere Jahre bei zwei deutschen branchenfremden Markenherstellern tätig, bevor er vor gut zwei Jahren in das Familienunternehmen einstieg.
Dr. Ursula Matheis-Mödinger Dr. Ursula Matheis-Mödin- ger (60), Mutter von drei Söhnen, hat Betriebswirt- schaft studiert und promo- viert. Sie war mehrere Jahre im Vertrieb tätig, bevor sie 1990 ins elterliche Unter- nehmen wechselte.
Thomas Heinlin
Thomas Heinlin ist seit Oktober 2014 Vertriebs- leiter bei schlafgut. Zuvor war der heute 50-Jährige als Sales Manager Kitan bei Esprit Home, als Key Account Manager bei Cross und als Verkaufsleiter bei Lahco of Switerland und der Billerbeck Betten Union angestellt.
24 Haustex 11 / 2020
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