Page 17 - Haustex_07-08/2020
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Interview des Monats
             Haustex: Also verändert Corona das Kon- sumverhalten ?
Thomas: Ich bin immer sehr vorsichtig, was die Veränderung von Menschen an- geht. Vielleicht ist es ein weiterer Schritt dahin, dass wir uns unserer Werte und der Frage, warum wir handeln, stärker bewusst werden. Es macht mich immer sehr skep- tisch, wenn jemand sagt: Jetzt ist die Welt ganz anders. Das glaube ich nicht, dafür sind wir Menschen wohl auch zu zäh, was Veränderungen angeht. Ich glaube aber, dass sich das Konsumverhalten insofern verschieben wird, dass wir einen zusätzli- chen Schub in Richtung Werteorientierung und Herkunft bekommen, hin zu der Fra- ge: Was ist wirklich wichtig in meinem Le- ben ? Brauche ich dreimal im Jahr Urlaub auf den Malediven ? Macht mich das wirk- lich glücklich? Oder kann ich das nicht auch infrage stellen und verzichten ? Hier wird sich etwas verändern, da bin ich mir ganz sicher.
Haustex: Welche Lehren ziehen Sie aus den vergangenen Wochen und Monaten für Ihr Unternehmen ?
Thomas: Die Situation bestärkt mich in meiner These, und die heißt: Erfolg macht lernbehindert. Ich glaube nicht, dass wir ohne eine Krise in der Lage sind, Verän- derungsprozesse in dem Maße, wie wir es in den letzten Monaten erlebt haben, durchzuziehen. Auch bei uns im Unter- nehmen. Nehmen Sie eine Kleinigkeit wie eine digitale Videokonferenz. Bei der IHK oder Verbandsversammlungen reden wir seit Jahren über die Abschaffung der Prä- senzpflicht – zack, war sie da. Ohne Corona wäre das auch in Jahren noch nicht der Fall gewesen. Plötzlich gibt es Vollversamm- lungen, die über Video abgewickelt wer- den. Oder bei uns intern: Wir haben seit Jahren mit unserer Vertriebsmannschaft davon gesprochen, dass man nicht immer hunderte Kilometer durch Deutschland fahren muss, um sich zu sehen. Plötzlich sind die Bedenken weg – und genau dafür brauchen wir eine Krise, mit allen Schwie- rigkeiten, die damit verbunden sind.
Haustex: Wie schätzen Sie die Marktlage nach dem Lockdown ein ?
sn-home.de
Thomas: Mein Gefühl ist: So lange wir ei- ne Maskenpflicht haben, werden wir uns im textilen Bereich, wo Frequenzen wich- tig sind, schwertun, wieder richtig in Gang zu kommen. Das Schlendern und Bum- meln in der City, der Samstagnachmittag im Shoppingcenter – das wird nach wie vor schwierig sein. Aber ich stelle auch fest, dass sich der Zielkonsument im hochwer- tigen Bereich, in dem wir uns mit Lattoflex bewegen, sehr schnell an die Situation ge- wöhnt hat. Und auch, das möchte ich deut- lich betonen, der ältere Konsument. Da bin ich sehr optimistisch. Unser Hauptfokus in den kommenden zwei, drei Jahren ist ganz klar das Segment der Rentner, der Senio- ren. Wenn der Handel schlau ist, setzt er auf diese Zielgruppe. Sie ist die reichste und größte, die wir überhaupt ansteuern können.
Tost: Es ist auch die Zielgruppe mit dem höchsten Gesundheitsbewusstsein. Die Menschen in diesem Segment werden sich ihres Alters bewusst und fragen sich, was sie tun können, um im Alter möglichst lan- ge selbstbestimmt zuhause zu sein. Dafür benötigen sie die richtigen Produkte, die ihnen die Chance geben, auch im hohen Alter noch fit und gesund zu sein.
Haustex: Welches Angebot kann Lattoflex hier machen ?
Thomas: Mit Lattoflex 900 haben wir im vergangenen Jahr ein Spezialprodukt auf den Markt gebracht, das wir gemeinsam mit Thomashilfen für dieses Segment ent- wickelt haben. Es hat vor Corona bereits sehr gut eingeschlagen, und das geht nach Corona genau so weiter. Wir sind sehr er- staunt über die Stückzahlen. Wir liegen hier bereits auf dem Niveau von Lattoflex 200, das nenne ich einen echten Blitzstart. Auch gegenüber einem eingeführten Pro- dukt wie unserer 200er-Linie ist das schon ziemlich toll, zumal es ja kein preiswertes Produkt ist.
Haustex: Umso wichtiger ist es, dass der Handel davon überzeugt ist.
Thomas: Wir werden unsere Kommunika- tion in den kommenden Monaten gezielt auf dieses Produkt ausrichten, was wir bis-
her noch gar nicht getan haben. Es wird ei- nen eigenen Flyer und ähnliche Dinge ge- ben, um den Handel zu unterstützen. Wir werden auch in den Verkaufsmaßnahmen und in der Schulung der Verkäufer unter- stützen. Ich glaube, dass wir in diesem Seg- ment gemeinsam mit dem Fachhandel die größten Chancen haben. Wenn ich Fach- händler wäre und mich fragen würde, wo ich mich in der Nach-Corona-Zeit positio- nieren muss, dann würde ich sagen: Volle Pulle in Richtung der Zielgruppe 60 bis 
 Boris Thomas
Nach Abitur und Zivildienst begann Boris Thomas eine Tischlerlehre. Ne- benbei entwickelte und programmierte er für das väterliche Unternehmen den ersten Dosigraph, das erste elektroni- sche Messbett des Unternehmens und der Branche. 1987 begann Thomas
ein Studium zum Wirtschaftsingeni- eur in Karlsruhe. 1991, nach Erhalt des Diploms, begann er seine Tätigkeit
in Bremervörde. Kurz danach wurde das Unternehmen erbschaftsrecht-
lich aufgeteilt, so dass Boris Thomas seitdem bis 2015 als Gesellschafter und Geschäftsführer alleinverantwortlich für Lattoflex war. Seit der Gründung der Thomas Holding ist er in der neuen Dachgesellschaft als Geschäftsführer tätig – aber weiterhin mit dem Schwer- punkt Lattoflex.
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