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VERLEGEWERKSTOFFE
Richard Kille, IFR Köln
Die Wirksamkeit von Estrichzusatzmitteln wurde von dem Sachverständigen Richard Kille nicht in Frage ge- stellt, wie er eingangs seiner Ausführungen ausdrück- lich versicherte. Der selbsternannte Fan von CM- und KRL-Messung stellte voran, dass das Thema Feuchte zum Tagesgeschäft der Bodenbranche gehört, vor al- lem auch der Sachverständigen. „Ob die Anwendung und Handhabung der Estrichzusatzmittel immer her- stellerkonform erfolgt, darf mit der bekannten Baustel- lenpraxis zu Skepsis führen“, ergänzte Kille mit einem Augenzwinkern. Fakt sei, dass es feuchteempfindli- che Spachtelmassen und Bodenbelagskleber gebe. Kille, der Fälle aus seiner Sachverständigen-Tätigkeit vortrug, formulierte Anforderungen an eine funktio- nierende Boden-Konstruktion wie folgt: „Ich brauche
eine Grundierung, die bei erhöhter Feuchte nicht mehr weich wird und die Spachtelmasse trotzdem festhält.“ Weitere Kille-Empfehlungen lauteten: „Die Spachtel- masse bleibt auch bei ein bisschen mehr Feuchte hart und fest. Es gibt Klebstoffe, die behalten ihre Schäl- und Scherfestigkeit, sie bleiben fest und druckstabil auch bei einem feuchten Milieu – das muss nicht gleich ein 1K-PU-Klebstoff sein. Wenn sich dann noch der Boden- belag nicht zwingend von Feuchte beeinflussen lässt, entsteht ein Bodenaufbau, der die eine oder andere Unregelmäßigkeit des Baustellenalltags verkraftet.“ Kil- les Fazit, mit dem von ihm häufig zitierten „gesunden Menschenverstand“ lautete: „Diese Unregelmäßigkei- ten sind für jeden Boden- und Parkettleger – ich möch- te fast sagen – unvermeidbar in der heutigen Zeit.“
mehr CO2-reduzierte Rohstoffe geben, z. B. durch chemisches Recycling. Urbath betonte, dass es für ein nachhaltiges Gebäude zielführender sei, Systeme aus Verlegewerkstoffen und Belag zu betrachten, weil ein System in einer langen Nutzungsphase einen starken Einfluss habe. Der Referent ist überzeugt: „Kleben von Parkett und Bodenbelägen behindert nicht die Kreis- laufwirtschaft und die Wiederverwertung der Beläge.“
Urbath stellte Beispiele vor, wie die Renovierbar- keit durchs Kleben sichergestellt wird und so einen
3. Richard Kille, Sachverständiger
Beitrag zur Ressourcenschonung über den Lebens- zyklus des Bodens leistet: So kann geklebtes Parkett geschliffen und neu versiegelt und geölt werden. Das Schleifen von schwimmend verlegtem Parkett führt wegen der Vibrationen beim Schleifen zu einer un- ebenen Oberfläche. Auch homogene PVC-Beläge und Linoleum können durch entsprechende Maßnahmen in der Oberfläche erneuert werden. Im Vergleich zur Neuverlegung werden bei einer Oberflächenüberar- beitung eines Belags 75 bis 85 % weniger Treibhaus- gase freigesetzt.
Estrichzusatzmittel – die Wirklichkeit
 4. Dr. Frank Gahlmann, Technischer Geschäftsführer Stauf
Belegreife – Definition eines weit gefassten Begriffs
 Dr. Frank Gahlmann, Stauf
„Bei der Belegreife denken viele an Trockenheit – tat- sächlich ist Belegreife mehr als ausreichende Trocken- heit“ – schon der Start des „Definitionsmarathons“ hatte es inhaltlich in sich. Als Basisdefinition schlug Dr. Frank Gahlmann Folgendes vor: Die Belegreife ist der Zustand eines Untergrunds, in dem er für die scha- dens- und mangelfreie, dauerhafte Aufnahme eines Bodenbelags geeignet ist.“ Der Referent unterschied bei den Belegreif-Eigenschaften zwischen zeitunab- hängigen und zeitabhängigen Eigenschaften: Zu den weitestgehend zeitunabhängigen Eigenschaften zählte er Höhenlage, Ebenheit, Rissfreiheit, Rauigkeit, Sau- berkeit, überstehende Randdämmstreifen und bei der Fußbodenheizung Messstellen, Aufheizprotokoll und Oberflächentemperatur. Zeitabhängige Eigenschaften sind bei mineralischen Estrichen der Feuchtezustand, die Festigkeit und das Schwindverhalten.
Dr. Gahlmann wies darauf hin, dass der Feuchtezu- stand eines Untergrunds durch mehrere Parameter charakterisiert ist. Dazu seien mindestens nötig: die Wassermenge (Feuchtegehalt), die relative Luftfeuch- te (Feuchtepotenzial) und der Bindungszustand des Wassers. Die Belegreife eines Untergrunds hinsichtlich der Feuchte werde bestimmt durch die Wassermenge (Feuchtegehalt), relative Luftfeuchte (Feuchtepoten- zial), Feuchte-Transportwege und Transport-Mecha- nismen, Nutzungsklima und Gleichgewichtsfeuchteg- halt bei Nutzungsklima.
Der Feuchtezustand des Untergrunds, zusammenge- setzt aus Feuchtgehalt und Feuchtepotenzial, habe wiederum direkten Einfluss auf die Auswahl von Verlegewerkstoffen und Bodenbelägen. Die CM- und KRL-Werte geben unterschiedliche, ergänzende
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