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 führen einige Mitgliedstaaten – und wir sehen das immer häufiger – Maßnahmen zur Unterstützung ihrer eigenen lokalen Erzeuger ein“, bemängelt Vandenken- delaere. Sie verlangen zum Beispiel einen Mindestanteil an nationalen Lebensmit- teln in den Geschäften oder reservieren Platz für lokale Erzeuger. Dies führe sei- ner Meinung nach aber zu Wettbewerbs- verzerrungen. Nach EU-Recht seien sol- che Maßnahmen nur zulässig, wenn sie in einem angemessenen Verhältnis zu ihren legitimen Zielen stehen und nicht ausschließlich protektionistisch sind. So sei es seiner Meinung nach z. B. für belgi- sche Eierproduzenten nicht hinnehmbar, dass die französischen Behörden einhei- mische Produkte fördern, indem sie vor- geben, dass 50 % der konsumierten Eier in Frankreich erzeugt werden müssen. „Das zeigt, dass nationale Maßnahmen, etwa bei der Kennzeichnung, neue Bar- rieren innerhalb des europäischen Bin- nenmarktes schaffen können, die es nicht geben sollte.“ Deshalb bleibe es wichtig, alle innergemeinschaftlichen Hindernis- se zu vermeiden und versteckten Protek- tionismus zu beseitigen, so Vandenken- delaere. Daher dürfe die Strategie „Vom Erzeuger zum Verbraucher“ auch keines- falls zur Einführung zusätzlicher Hemm- nisse führen, die eine stärkere Zersplitte- rung des Binnenmarktes mit nachteiligen
Auswirkungen auf die Akteure der Le- bensmittelproduktion zur Folge hätten.
Tierwohllabel auf europäischer Ebene ?
Bevor die Veranstaltung in eine Podiums- diskussion mündete, begründete Piet Vanthemsche seinen Standpunkt, war- um er für die Einführung eines EU-Tier- wohllabels eintritt. Es gewährleiste sei- ner Meinung nach einen gleichwertigen Informationsstand über das Tierwohl für die Verbraucher in der gesamten EU und sorge für bessere Transparenz auf dem Markt. Zudem biete es einen besseren Schutz für die EU-Erzeuger, die ihrer Pro- duktion hohe Standards zugrunde legen. „Ein harmonisiertes System von Tier- wohlnormen ist Voraussetzung für die Entwicklung eines für die Verbraucher verständlichen Kennzeichnungssystems“, so Vanthemsche.
Jedoch falle die Entwicklung von Zerti- fizierungssystemen unter das Subsidi- aritätsprinzip und sei daher Sache der Mitgliedstaaten. Ein gemeinschaftliches Tierwohllabel könne also nicht durch die Initiative der Union zustandekom- men. Das Fehlen eines harmonisierten Systems auf europäischer Ebene habe je- doch bereits den Weg für die Entwicklung
verschiedener freiwilliger Tierwohllabel in den EU-Mitgliedstaaten geebnet, so Vanthemsche. In einigen Fällen handelt es sich um Initiativen auf Branchenebe- ne, in anderen um Regierungsinitiativen. In den Niederlanden sind das u. a. das Beter Leven-Kennzeichen, das Demeter- Gütezeichen, Milieukeur (Environment Hallmark), PROduCERT und IKB. Für Deutschland sind dies aktuell die Initiati- ve Tierwohl und das freiwillige Tierwohl- Label des deutschen Einzelhandels. Für Frankreich ist es u.a. das „Etiquette bien- être animal“ und das Label „Les éleveurs vous disent merci“. Ein einheitliches Tierwohllabel könnte z. B. als eigenstän- dige Marke neben anderen bestehenden Gütesiegeln entwickelt werden, so Van- themsche. Alternativ dazu könnte ein generisches Tierwohllabel entwickelt werden, das in bereits bestehende Qua- litäts- oder Nachhaltigkeitslabels integ- riert werden kann.
In Flandern besteht ein breiter Konsens über die Bedeutung des Tierwohls für eine nachhaltige Tierproduktion und die Notwendigkeit eines einheitlichen Standards. „Das Wohlergehen der Tiere ist ein grundlegendes gesellschaftliches Anliegen und ein zentraler Bezugspunkt für die Zukunft der Tierproduktion“, so Vanthemsche. Allerdings müssen die Landwirte seiner Auffassung nach stär- ker an der Entwicklung eines zentralen Tierwohllabels beteiligt werden und es müsse Garantien für den Ausgleich der zusätzlichen Kosten für nachhaltige Tier- produktion geben. Die neue GAP biete Vanthemsche zufolge geeignete Mög- lichkeiten, Mittel für entsprechende Tier- wohlinitiativen zu verwenden. „Ich bin davon überzeugt, dass die Schaffung ei- nes zentralen Tierwohl-Gütezeichens ei- nen wichtigen Beitrag zur sozial verant- wortlichen Tierproduktion leisten kann“, so Vanthemsche. beh
Zum inzwischen 16. Mal trafen
sich europäische Food-Journalisten zum traditionell Ende August statt- findenden Round Table der belgischen Fleischwirtschaft.
FleischMagazin 11/2021 13
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