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  Bereits in der Präambel des CAO­Abkommens haben die Vertragsstaaten zudem festgelegt, dass während des Fischerei­Moratoriums eine regionale Fischerei­ managementorganisation (RFMO) für das Gebiet der Arktis aufgebaut werden soll, um die kommerzielle Fi­ scherei im frei zugänglichen Hochseebereich des Ark­ tischen Ozeans zu regeln und zu überwachen. Das Fi­ schereimanagement dieser Arktis­RFMO soll auf der Grundlage des Vorsorgeprinzips (PA) und eines öko­ systembasierten Ansatzes (EBS) arbeiten. Mindestens ebenso wichtig ist die Bekämpfung der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei (IUU). Das CAO­Abkommen zeigt, dass die zehn Vertragspar­ teien ihre Verantwortung für die Gewässer der Arktis erkannt haben und trotz unterschiedlicher Interessen gewillt sind, gemeinsam zu handeln. Die Überein­ kunft schützt die sensiblen Meeresgebiete, die durch die Eisschmelze zugänglich werden, zwar nicht vor Begehrlichkeiten (China behält sich als Vertragspar­ tei des Übereinkommens zum Beispiel das Recht vor, Erntetätigkeiten im Übereinkommensbereich durch­ zuführen), vorerst jedoch vor übereilten Zugriffen.
Klimawandel könnte zu mehr Streitigkeiten führen
Vielleicht könnte das CAO­Abkommen sogar ein Modell für zukünftige Regelungen in der Fischerei sein, denn es ist zu befürchten, dass der Klimawan­ del noch weitere Veränderungen hervorruft. Die stei­ genden Wassertemperaturen können Wanderwege, Weidegründe und traditionelle Verbreitungsgebiete von Fischarten verschieben, was anderen Nationen den Zugriff auf die Ressourcen ermöglicht. Das birgt Potenzial für Konflikte, die auf zivilisierte Weise ge­ löst und entschärft werden müssen. Ein positives Beispiel für internationale Zusammenarbeit ist die Gemeinsame russisch­norwegische Fischereikom­ mission (JRNFC), die seit Jahrzehnten die Fische­ reiressourcen in der Barentssee erfolgreich und ge­ winnbringend für beide Partner managt.
Ein eher negatives Beispiel waren hingegen die Streitigkeiten zwischen Island, den Färöer­Inseln, Norwegen, der EU und später auch Grönland, die sich aus der klimabedingten Expansion des Atlan­ tischen Makrelenbestandes nach Nordwesten erga­ ben. Das Migrations­ und Fütterungsmuster der Ma­ krelen im Nordatlantik hat sich in den letzten Jahren verändert, die Schwärme ziehen weiter Richtung Nordwesten in die färöischen, grönländischen und isländischen Gewässer. Island begann – eigenmäch­ tig und international nicht abgestimmt – Makrelen zu fischen und auch die Färöer steigerten ihre Ma­ krelenfänge deutlich. Das führte zum Streit mit Nor­ wegen und der EU, weil die biologisch zulässige Ge­ samtfangquote erheblich überschritten wurde und die Nachhaltigkeit der Fischerei verloren ging. Als
die Makrelen dann in die grönländischen Gewässer vordrangen, begann man auch dort unabgestimmt mit der Fischerei. Inzwischen sind diese Konflikte zwar weitgehend entschärft, doch sie können je­ derzeit wieder aufbrechen, wenn der Klimawandel und andere Einflüsse die traditionellen Verteilungs­ muster wirtschaftlich wichtiger Fischbestände und damit die Zugriffsmöglichkeiten der Fischerei ver­ ändern. Wir brauchen ein wirksames Instrumentari­ um, das in solchen Fällen schnell greift und die ver­ änderten Verhältnisse berücksichtigt. Davon würde letztlich auch die Arktis profitieren, die in Zukunft wahrscheinlich noch stärker in den Fokus der inter­ nationalen Aufmerksamkeit rücken könnte. mk
Die Begehrlichkeiten wachsen, denn das Arktisgebiet ist für vie- le Staaten im Hinblick auf die natürlichen Ressourcen und den Seeverkehr von strate- gischem Interesse.
Wenn die Entwicklung, die Wissenschaftler „Sea opening up“ nennen, weiter anhält, werden
die arktischen Gewässer Mitte dieses Jahrhunderts in den Sommermonaten weitgehend eisfrei sein.
»Die Entschei­ dungen des Arctic Council sind völker­ rechtlich nicht bindend, ein um­ fassendes, ark­ tisspezifisches Rechtssystem fehlt.
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FischMagazin 11/2021 67
FOTO: ALFRED-WEGENER-INSTITUT / MATTHIAS JAGGI
FOTO: ALFRED-WEGENER-INSTITUT / STEFANIE ARNDT






















































































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