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Möding: Wir haben den Laden kom- plett entkernt und die Platzierung des Tresens sowie des Bistrobereichs ge- tauscht. Wir hatten die Wahl zwischen „komplett anders“ oder „nur renovie- ren“. Ich hatte mich für die erste Vari- ante entschieden. Einige Kunden hat- te das anfangs irritiert, und mancher fand die vorherigen Anordnungen bes- ser, aber das hat sich mit der Zeit ge- legt. Mir war klar, dass wir den Kunden Zeit geben mussten, um zu erkennen, welche Vorteile der Umbau hat. Zum einen ist der komplette Tresen jetzt be- reits von der Straße aus sichtbar. Die Kunden können schon beim Vorbeige- hen in den Tresen schauen. Dadurch haben wir viele Neukunden gewonnen. Zum anderen ist der Bistrobereich grö- ßer geworden. Darüber hinaus haben wir eine komplett neue Kühltechnik eingebaut und auf LED-Beleuchtung umgestellt. Eine Klimaanlage kühlt den Laden an heißen Tagen und im Winter haben es unsere Kunden schön warm. Die Inneneinrichtung spiegelt handwerklichen Touch wider, weil wir viel Holz und Stein verwendet haben, was rustikal und zeitlos ist.
Fleischmagazin: Welche Vorausset- zungen müssen Ihrer Meinung nach die einzelnen Elemente – Theke, La- denlokal, Deko, Technik – eines moder- nen Metzgereibetriebs grundsätzlich erfüllen ?
Möding: Nicht nur die Kunden müs- sen sich wohlfühlen, sondern auch die Mitarbeiter. Bei dem Ladenkonzept wurden kurze Laufwege berücksichtigt, weil „Hand in Hand“ gearbeitet und der Laden hierzu überschaubar sein muss. Am Vorbereitungsplatz muss freie Sicht zum Tresen bestehen, zum einen für die Mitarbeiter, zum anderen, weil auch der Kunde „hinter die Fassaden“ schauen und sehen möchte, wie sei- ne Ware geschnitten wird. Das schafft Transparenz und baut Vertrauen zum Kunden auf. Moderne Kühlanlagen, Lichttechnik und Energieversorgung ermöglichen Kosteneinsparungen und sorgen für die konstante Aufrechterhal- tung der Kühlkette.
Fleischmagazin: Welche Rolle spie- len Aspekte wie die „heiße Theke“ und der Vor-Ort-Verzehr und wie lässt sich dies baulich attraktiv in ein Geschäft einbinden ?
Möding: Wir sind kein Restaurant, sondern ein Fleischerei-Fachgeschäft mit Bistro. Wir haben die Anzahl der Sitzplätze beibehalten, aber den Kom- fort für den Kunden erhöht. Bequeme- re Stühle, USB-Ladestationen und Hei- zung bzw. Klimaanlage sorgen für das Wohlbefinden unserer Kunden. Es hat nichts mehr mit einem Imbiss gemein-
Jasmin Möding ist Geschäftsführerin des Hamburger Fleischerei-Fachge- schäfts „Die Feinschmecker“ Frohme GmbH. Die vollständige Renovierung ihres Ladenlokals inklusive Technik hat maßgeblichen Anteil daran, dass Umsatz und Renommee ihres Geschäf- tes gestiegen sind.
sam, sondern mit einem Bistro, in das die ganze Familie zum Essen kommt. Auch Kindergerichte haben wir ein- geführt, und die Getränke- und Kaf- feeauswahl wurde erweitert. Die Kun- den können sich „ihr“ Steak sogar zum Sofortverzehr aus dem Tresen aussu- chen und wir bereiten es zu. Auch die Fleisch- und Wurstprodukte für den Mittagstisch nehmen wir aus dem Tre- sen. So entstehen Synergieeffekte dem Kunden schmeckt das Mittagessen, und das nächste Mal kocht der Kunde selbst und die Produkte werden frisch für Zuhause gekauft.
Fleischmagazin: Hat sich der Aufwand in der Rückbetrachtung für Sie gelohnt ?
Möding: Der Aufwand hat sich trotz der siebenmonatigen Planung und der dreiwöchigen Zeit, in der wir für den Umbau geschlossen hatten, definitiv ge- lohnt. Die Kunden fühlen sich bei uns wohl. Wir konnten auch neue Kunden gewinnen, darunter auch die jüngere Zielgruppe erreichen, die eher da ein- kauft, wo es „cool“ ist. Durch den neu- en Tresen und zusätzliche Kühltresen können wir unsere Ware noch besser präsentieren. Regale bieten Platz für Zu- satzartikel wie Honig, Eier und Einge- kochtes in Gläsern. Auch die Mitarbei- ter fühlen sich sehr wohl und genießen es, in einer modernen Fleischerei zu arbeiten, in der auch ihre Wünsche Be- rücksichtigung fanden. Das hat sehr viel zu unserem entspannten Arbeitsklima beigetragen.
Fleischmagazin: Was würden Sie Flei- scherei-Unternehmen raten, die ähnlich wie Sie seinerzeit mit dem Gedanken spielen, sich mit einer neuen Einrichtung neu aufzustellen ?
Möding: Die Investition wird sich defini- tiv lohnen. Wir haben uns mehrere An- gebote machen lassen und dann das für uns passende Preis/Leistungs-Angebot ausgewählt. Wir haben erst unsere Phi- losophie entwickelt, dann den Standort und die Nachbargeschäfte genau an- geguckt sowie Kunden und Mitarbeiter nach ihren Wünschen gefragt. Am Ende haben wir uns dann für ein Konzept ent- schieden, das sich hervorragend in das Gesamtbild der Einkaufsstraße einfügt.
Zusammengefasst lässt sich feststel- len: Je detaillierter geplant wird, desto weniger muss nachgerüstet werden. Die Kostenplanung sollte genauestens im Auge behalten und geprüft werden, welche Arbeiten durch Eigenleistung erbracht werden und welche Maschi- nen evtl. günstiger eingekauft werden können. Garantielaufzeiten, Arbeitsab- schnitte und Übergabeprotokolle soll- ten dabei immer wieder kontrolliert werden. beh
Interview
 FleischMagazin 9/2020 51
FOTO: OLAF BEHNEL




















































































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