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 »Grundlage jeder Maßnahme
zur Seelaus- bekämpfung sind genaue Messungen ihrer Anzahl und Verteilung in bestimmten Gebieten und auf den befalle- nen Fischen.
werden, die im Darm des Fisches die Bildung na­ türlicher bioaktiver Verbindungen stimulieren, die auf Läuse lähmend oder abstoßend wirken. Derzeit sucht Prospective Research nach Bakterienstäm­ men, die diese Anforderungen erfüllen. Eine erfolg­ reiche Methode zur biologischen Bekämpfung der Lachslaus sind „Putzerfische“, die Lachsen die lästi­ gen Parasiten von der Körperoberfläche fressen. Der Besatz der norwegischen Lachsfarmen mit solchen Putzerfischen ist seit 2008 stark angestiegen. 2017 wurden nach Angaben der Norwegischen Fische­ reidirektion mehr als 50 Millionen Putzerfische in zwei Dritteln aller Lachsfarmen eingesetzt. Im We­ sentlichen handelt es sich dabei um fünf Fischarten: Labrus bergylta, Symphodus melops, Ctenolabrus rupestris, Centrolabrus exoletus und Cyclopterus lumpus. Der Bedarf ist inzwischen so groß, dass er nicht mehr durch Wildfänge aus der Natur gedeckt werden kann, sondern reguläre Nachzuchten erfor­ dert. Weil dafür ein spezielles Knowhow notwendig ist, hat Mowi Scotland im April 2019 Ocean Matters gekauft, der jährlich rund 4 Millionen Putzerfische erzeugt.
Auch das Management der Lachsaquakultur kann einen Beitrag zur Seelausabwehr leisten. Da die Be­ fallsraten mit zunehmender räumlicher Dichte der Lachsfarmen steigen, könnte man zum Beispiel die Betriebe breiter auf dem Meer verteilen. Entlastung sollen außerdem neue, größere Farmanlagen brin­ gen, die in Norwegen derzeit an Land gebaut wer­ den. Sie machen es möglich, die Lachse länger an Land zu lassen und die Zeit im Meer, in der sie den Seeläusen ausgesetzt sind, zu verkürzen. Vielleicht wird demnächst sogar der gesamte Lebenszyklus der Lachse in rezirkulierende Aquakultursysteme (RAS) an Land verlagert. Allerdings würde das die Aufzuchtkosten steigern und den Lachs entspre­ chend verteuern.
Lachsläuse stellen keine Gefahr für die Verbraucher dar. Nach einer chemi­ schen Entlausung sind Mindest­ wartezeiten bis zur Ernte der Lachse vorgeschrieben.
Im Fokus des „Seelaus­Managements“ stehen derzeit höchst komplexe hydrodynamische Computermodel­ le, die unter Berücksichtigung der variablen Umwelt­ bedingungen, vor allem Strömungen, Temperaturen, Salzgehalt und Wind, die Wahrscheinlichkeit und In­ tensität des Seelausbefalls in bestimmten Regionen vor der norwegischen Küste vorhersagen können. Das ermöglicht es den dort ansässigen Betrieben, rechtzei­ tig Gegenmaßnahmen einzuleiten. Durchaus bewährt hat sich auch das vor einigen Jahren eingeführte „Am­ pelsystem“, für das die Gebiete vor der norwegischen Küste eigens in 13 Produktionszonen aufgeteilt wur­ den. Anhand von Umweltindikatoren, bei denen der Lachslausbefall als wichtiges Kriterium für die Nach­ haltigkeit des Farmings mit einfließt, werden die Pro­ duktionszonen entweder „grün“ (weiteres Wachstum des Farmings zulässig), „gelb“ (die Produktion wird auf dem aktuellen Niveau eingefroren) oder „rot“ (Produktion muss reduziert werden) eingestuft.
Darüber hinaus gibt es einige neue Ideen und Ansät­ ze, wie sich die Seelaus­Plage besser managen lässt. Forscher der Universität Tromsø glauben, dass die Bekämpfungsstrategien stärker „genetikbasiert“ sein müssen, weil sich die Läuse sehr schnell an die örtli­ che Umwelt anpassen. Lachsläuse entwickeln oft in je­ dem Netzgehege einen genetisch anderen Typus, was bei deren Bekämpfung berücksichtigt werden müsse. Gute Chancen ergeben sich aus der „Umwelt­DNA“. Bei dieser Methode werden winzige DNA­Spuren, die mit Hautzellen, Exkrementen und Blut ins Wasser ge­ langen, analysiert und mit Datenbanken abgeglichen („Metabar­Codierung“). Derzeit arbeitet man schon an einer solchen Datenbank, in der DNA­Sequenzen sämtlicher Parasiten, Krankheiten und Mikroalgen, die für Lachse gefährlich sein können, erfasst werden sol­ len. Damit stünde ein Frühwarnsystem zur Verfügung, mit dem sich das Risiko eines Seelausbefalls durch ei­ ne simple Wasseranalyse erkennen lässt. mk
48 FischMagazin 10/2020
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