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  »2017 wurden nach Angaben der Norwegi- schen Fischerei- direktion mehr als 50 Millionen Putzerfische
in zwei Dritteln aller Lachsfar- men eingesetzt.
thermischen und mechanischen Entlausungsmetho­ den stattgefunden. In Norwegen dominierte von 2012 bis 2015 bei den Behandlungen zu über 80% die „che­ mische Keule“, 2017 wurden zu 74 Prozent thermische und mechanische Verfahren eingesetzt. Nichtchemi­ sche Bekämpfungsmethoden basieren vorwiegend auf drei Eigenarten der Seeläuse: Die Parasiten, vor allem die infektiösen jungen Stadien) halten sich bevorzugt in den oberen Wasserschichten bis etwa 10 Meter Tiefe auf, sie ertragen kein Süßwasser (beim Aufsteigen der Wildlachse in die Flüsse lösen sie sich vom Wirtstier) und sind relativ wärmeempfindlich.
Eine einfache, jedoch durchaus wirksame Schutzmaß­ nahme gegen Seeläuse sind deshalb undurchlässige Schutzplanen, die oben rund um die Netzgehege an­ gebracht werden. Sie können den Befall der Lachse zwar nicht vollständig verhindern, reduzieren aber die Zahl der eindringenden Parasiten. Der gleichen Grundidee folgen die sogenannten Schnorchelnetze, bei denen ein horizontal im Netzgehege angebrachtes Dach die Lachse in größeren Tiefen hält, was zusätz­ lich noch durch Beleuchtung und Fütterung im unte­ ren Bereich des Netzes unterstützt wird. Lichter und Fütterungssysteme locken die Lachse ins tiefe Wasser, das von den Seeläusen gemieden wird. Der „parasiten­ dichte Schnorchel“ ermöglicht es den Lachsen, unbe­ helligt von Seeläusen an die Oberfläche schwimmen. Das ist notwendig, weil sie dort von Zeit zu Zeit Luft aufnehmen und durch einen Verbindungsgang („Duc­ tus pneumaticus“) vom Schlund in die Schwimmblase leiten. Versuche der norwegischen Akva­Gruppe, die ihr Schnorchelnetz „Tubenet“ nennt, haben gezeigt, dass sich mit diesem einfachen Verfahren der Lausbe­ fall um rund 80 Prozent reduzieren lässt.
Wärmeentlausung und Behandlung mit Süßwasser
Bei der „Wärmeentlausung“ (thermal delicing) wird die geringe Toleranz der Seeläuse gegen plötzli­ che Änderungen der Wassertemperatur genutzt. Zu
den in der Praxis gebräuchlichen Systemen gehören unter anderem der Thermolicer und der Optilicer, die aber – bis auf kleine technische Details – ganz ähnlich funktionieren: der Fisch wird kurz in lau­ warmem Wasser gebadet (üblich sind dabei etwa 20 bis 30 Sekunden bei 28 °C im Frühjahr und 33 bis 34 °C im Spätsommer), was je nach Bedingungen zwi­ schen 75 und 100 Prozent der mobilen Läuse be­ seitigt. Thermisches Entlausen ist also sehr effektiv, kann aber auch riskant für die Lachse sein, weil die obere Grenze der Wärmetoleranz von Wirt und Para­ sit nahezu identisch ist. Die kürzere Überlebenszeit der Läuse resultiert hauptsächlich aus ihrer gerin­ geren Größe, bei Anwendungsfehlern sind auch die Lachse akut gefährdet.
Ähnlich wirksam sind Entlausungen mit Süßwas­ ser. Seeläuse reagieren empfindlich auf Süßwas­ ser und sterben rasch ab, wenn der Salzgehalt des
 Lachsproduktion und Seelausbefall wird streng überwacht
Die norwegische Verordnung über den Be- trieb von Aquakultur-Produktionsstätten von 2008 schreibt zwingend vor, dass Fischzüch- ter jeden Monat die Anzahl und das Alter ihrer Fische, sterblichkeitsbedingte Verluste sowie eventuelle Fischentnahmen und den Futterverbrauch an die Fischereidirektion
melden müssen. Diese Angaben werden zusammen mit den ID der Farmen und Netz- gehege in einer Datenbank gespeichert. Die Verordnung zur Verhütung von Lachsläusen in der Aquakultur verlangt darüber hinaus, dass Farmer regelmäßig die Anzahl der Seeläuse (gegliedert nach sessilen und mo-
bilen Stadien sowie eitragenden Weibchen) melden. Erfolgte Seelausbehandlungen sind mit der verwendeten Methode und Substanz bei den norwegischen Lebensmittelbehörden anzugeben. Zwischen 2012 und 2017 waren in der Datenbank durchschnittlich 807 (788 bis 828) marine Farmstandorte erfasst.
46 FischMagazin 10/2020
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