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Arnold: In unserem bisherigen Portfolio hatten wir die Optionen Deluxe und Ketteln, die wir ebenfalls inhouse umsetzen. Für die Fascination bekommen wir jetzt eine weitere Variante dazu: die Paspelierung. Um der höhe- ren Nachfrage nach abgepassten Teppichen gerecht zu werden, haben wir in zwei neue Schneidetische inves- tiert, die sind mittlerweile aufgebaut und funktionieren sehr gut. Die schneiden jetzt noch präziser und schnel- ler als vorher die Teppiche auf das individuelle Kunden- maß zurecht.
Haben Sie noch weitere Investitionen getätigt, oder gibt es konkrete Vorhaben ?
Arnold: Wir sind dabei, uns Gedanken über ein neues Beschichtungsverfahren zu machen. Hierüber werden wir höchstwahrscheinlich in diesem Jahr oder spätes- tens in der ersten Hälfte des nächsten Jahres eine Ent- scheidung treffen, sodass wir eine neue Anlage voraus- sichtlich übernächstes Jahr in Betrieb nehmen können. Bei der Entscheidung geht es zum einen um die Wahl der Materialien für die Beschichtung und dann um die Fragen: Wie können wir noch effizienter mit den benö- tigten Ressourcen umgehen und wie können wir noch nachhaltiger werden ?
Geht das gegebenenfalls auch in Richtung One Material ?
Arnold: Auch in diese Richtung überlegen wir selbst- verständlich, aber das ist nicht ganz so einfach. Sie ha- ben in dem gesamten Prozess momentan unterschied- liche Materialien, die natürlich auch unterschiedliche Anforderungen erfüllen müssen. Im Moment ist zum Beispiel der Tufting-Träger hauptsächlich aus Polyester. Würden wir hier auch Polyamid einsetzen, wie im Flor, würde das den Gesamtpreis erheblich erhöhen.
Multhaupt: Die Fasern im Flor sind ausschließlich Po- lyamidfasern, sie machen die Qualität unserer Teppiche aus. Auch für Teppichböden im Wohnbereich setzen wir im Flor keine Polyestergarne ein. Natürlich ist Poly- ester reizvoll, weil es ein preiswerteres Produkt ist. Aber wir sind der Überzeugung, dass ein mit Polyamidgarn hergestellter Teppich deutlich langlebiger und damit auch nachhaltiger ist. Darüber hinaus ist Polyester noch nicht komplett kreislauffähig.
Sprechen wir über Nachhaltigkeit in der Fertigung. Hier haben Sie einige Prozesse optimiert. Welche sind das zum Beispiel ?
Eric Fricke: Ein prägnantes Beispiel hierfür ist un- ser Färbeturm. Wir mischen die Farbe oben an und lassen sie in die entsprechenden Färbeaggregate
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herunterlaufen. Durch die Schwerkraft werden die Lei- tungen von selbst wieder frei, und wir müssen sie nicht extra spülen. Für unseren Heißfärbeprozess nutzen wir die Abwärme der benachbarten Müllverbrennungsan- lage. Die Fertigung ist CO2-neutral, und der dafür ver- wendete Öko-Strom wird aus Wasserkraft erzeugt. Und für den technisch nicht zu vermeidenden Gasbedarf leisten wir Kompensationsmaßnahmen.
Ein weiteres Beispiel liefert die Beschichtungsanlage: Die Kantenreste, die wir links und rechts abschneiden, werden hier im Werk wieder granuliert. Dieses Granulat wird erwärmt und dem Kleber beigemengt, mit dem wir den Teppichrücken aufbringen.
Kommt auch im Flor Recyclingmaterial zum Einsatz ?
Multhaupt: Wir haben einen stetig steigenden Anteil von Econylgarnen, also Nylongarnen, die aus Fischer- netzen und anderen Recyclingprodukten gewonnen werden. Das bringt uns bei einigen neuen Produkten wie etwa der Strato-Fliese zu einem Gesamt-Recycling- Anteil von über 80 %.
Sie haben auch ein Projekt, in dessen Rahmen alte Teppichfliesen zurückgenommen, aufbereitet und an anderer Stelle eingesetzt werden.
Multhaupt: Ja, das ist das Projekt 2. Chance. Wer sicher- stellen möchte, dass bei uns gekaufte Teppichfliesen ordnungsgemäß recycelt werden oder einer Zweit- oder Drittverwendung zugeführt werden, unterschreibt bei Erwerb einen Dienstleistungsvertrag mit unserem Part- nerunternehmen. Voraussetzung ist, dass die Fliesen mit Klebepads in den Ecken fixiert werden, dann lassen sie sich problemlos wieder aufnehmen. Bei dem Prinzip der Wiederverwertung ist Skandinavien Vorreiter. Den dor- tigen Erfahrungen zufolge kann man 70 % der Teppich- fliesen noch ein zweites oder sogar drittes Mal wieder einsetzen. Insbesondere bei Architekten kommt das gut an; dort wird ja immer stärker auf Nachhaltigkeit gesetzt.
Textile Bodenbeläge haben viele Vorzüge, aber ge- rade im Wohnbereich werden vor allem Hartbeläge verkauft; auch am POS geht die Beratung oft in diese Richtung ...
Multhaupt: Ja, viele heutige Erwachsene sind auf Hartböden großgeworden, sie kennen Teppichboden kaum. Durch eine gemeinsame Brancheninitiative mit Herstellern, großen Handelsorganisationen und Hand- werksverbänden wollen wir die Vorteile textiler Beläge stärker ins Bewusstsein rücken und sind darüber zur- zeit intensiv im Gespräch.
Daten + Fakten
Hamelner Teppichwerke (Vorwerk)
Die Hamelner Teppich- werke sind eines von wenigen Unternehmen, die noch weben. Das hochwertige Herstel- lungsverfahren ermög- licht eine besonders lange Nutzung.
Hamelner Teppichwerke GmbH & Co. KG Kuhlmannstraße 11 31785 Hameln
Tel.: 05151 / 103 – 0 www.vorwerkteppich.de info@vorwerkteppich.de
Geschäftsführende Gesellschafter:
Tobias Arnold
Martin Multhaupt
Leiter Marketing:
Eric Fricke
Qualitätsmanagement:
Andreas Kunze Werke: 1 in Hameln Mitarbeiter: 155 Marken:
Vorwerk (Lizenzmarke), Nordpfeil
Bodenbeläge
BTH Heimtex 7-8/2023 27
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