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    CLEANING TECHNOLOGY INSTITUTE
 Textile Redoxsensoren
zur bedarfsgerechten Dosierung
Textilien aus hygienisch anspruchsvollen Bereichen werden überwiegend in chemo- thermischen Desinfektionsverfahren aufbe- reitet Nach Erreichen der vorgeschriebenen Temperatur erfolgt eine einmalige Dosierung hoher Konzentrationen von Peroxoverbin- dungen, die einer schnellen thermischen Aktivierung unterliegen und zur Bildung ho- her Spitzenkonzentrationen reaktiver Sauer- stoffspezies (ROS) führen ROS können eine Textilschädigung verursachen
Ziel des Forschungsvorhabens, das vom wfk-Institut in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme durchgeführt wird, ist es, eine in-situ-Erfassung der Konzentration an ROS und eine Online- Datenübertragung während des Desinfekti- onsprozesses mittels passiver RFID-Technik zu realisieren und somit eine bedarfsge- rechte Dosierung der Peroxoverbindungen zu ermöglichen: Dazu werden textile Red- oxsensoren entwickelt, die aus einem red- oxsensitiven Areal und einem textilbasier- ten RFID-Transponder bestehen Bei dem redoxsensitiven Areal handelt es sich um speziell entwickelte redoxsensitive Polymer- netzwerke, die auf eine textile Trägermatrix aufgebracht werden (Abb 1)
Die ROS reagieren mit den redoxsensi- tiven Einheiten der Polymere, was zu Sig- naländerungen im Impendanzspektrum der Polymere führt Auf dem textilbasierten
RFID-Transponder befinden sich das RFID- Modul und eine Transponderantenne zum Energie- und Datentransfer sowie Elektro- den zur Fixierung und Kontaktierung des redoxsensitiven Areals Durch Entwicklung eines Messverfahrens auf Basis von Impe- danzmessungen sowie von Auswertealgo- rithmen wird eine Quantifizierung der ROS im Wäscheposten ermöglicht Auf Basis dieser Erkenntnisse wird ein RFID-Modul mit einer Schaltung zur Impedanzmessung entwickelt
Zur Generierung der redoxsensitiven Po- lymere (Polypropylensulfid und Polythio- phen) wurden zwei literaturbeschriebene Syntheserouten ausgewählt, die sich für eine industrielle Umsetzung eignen Bei den ausgewählten Syntheserouten handelt es sich um in wässriger Lösung durchführ- bare Emulsionspolymerisationen, deren Ansatzgrößen gut hochskalierbar sind Bei- de Polymere enthalten als redoxsensitive Einheiten Schwefelgruppen (R-S-R), die unter oxidativen Bedingungen in Sulfone (R S(=O) R) beziehungsweise Sulfoxide (R- (O=S=O)-R) umgewandelt werden Polythio- phen ist darüber hinaus elektrisch leitfähig, da ein über die Polymerkette delokalisier- tes π-Elektronensystem vorliegt Beson- ders bei letztgenannter Struktur ist davon auszugehen, dass sich die elektrischen Ei- genschaften vor und nach deren Oxidation unterscheiden und diese Unterschiede im- pedimetrisch messbar sind
Die hergestellten redoxsensitiven Poly- mere wurden hinsichtlich ihrer Zusam- mensetzung spektroskopisch (NMR- und IR-Messungen) charakterisiert In weiteren Versuchsreihen werden derzeit geeignete Oxidationsbedingungen ermittelt, die an die Verfahrensbedingungen vom Robert Koch Institut gelisteter, chemothermischer Desinfektionsverfahren angelehnt sind Durch die Projektergebnisse wird den vor- wiegend kleinen und mittelständischen textilen Dienstleistungsbetrieben ein in- novatives Verfahren zur Regelung der Kon- zentration an Peroxoverbindungen während des Desinfektionsprozesses zur Verfügung gestellt Somit lässt sich die Konzentra- tion an ROS im Wäscheposten auf einem zur Desinfektion ausreichenden aber kon- stant niedrigen Niveau halten, wodurch die Textilschädigung minimiert wird Der durch Schmutz bedingte Verbrauch reaktiver Sau- erstoffspezies (Zehrung) wird automatisch berücksichtigt, sodass unabhängig vom Wäscheposten eine bedarfsgerechte, ge- regelte Dosierung erfolgen kann Durch das Online-Monitoring wird zudem die Pro- zesssicherheit erhöht, da Konzentrations- schwankungen sofort erkannt und ausge- glichen werden können
Das IGF-Projekt 20394 N der Forschungs- vereinigung Forschungskuratorium Textil eV, Reinhardtstraße 14-16, 10117 Ber- lin, wird über die AiF im Rahmen des Pro- gramms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwick- lung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert
 www.wrp-textilpflege.de
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Abb. 1: Schematische Darstellung des redoxsensitiven Areals vor und nach einem desinfizierenden Waschprozess
  





















































































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