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 ARTE und ZDF attackieren Wildlachsfischerei
und Lachsaquakultur
EDITORIAL
 Gleich zweimal innerhalb nur einer Woche attackier- ten öffentlich-rechtliche TV-Anstalten mit unsauber recherchierten und extrem einseitigen Berichten die
Lachsbranche. ARTE opferte am 9. Juni zur besten Sendezeit anderthalb Stunden für den Film „Die Gier nach Lachs“, der wieder mal alles aufbot, was sich über die Jahre bei Gegnern der Aquakultur an Vorurteilen, Behauptungen und unappetit- lichen Bildern über das Lachsfarming angesammelt hat. Vieles davon ist längst überwunden, gegenstandslos oder widerleg- bar, doch was kümmert das die Macher solch angeblich „kriti- scher“ Filme, wenn es vor allem um Einschaltquoten geht?
Am 16. Juni legte das ZDF mit seinem „aufrüttelnden“ Film (Eigenwerbung des Senders) „Im Einsatz für den Lachs“ nach, in dem als Protagonist der bekannte Schauspieler Han- nes Jaenicke auftrat. Der ist zwar bislang nicht als ausgewie- sener Kenner der Lachsaquakultur und Wildlachsfischerei aufgefallen und besitzt kaum Expertise auf diesen Gebieten, wie seine teils recht naiven Fragen und Bemerkungen in den Gesprächen erahnen lassen. Aber das stört die Autoren des Films nicht weiter und hindert auch Jaenicke nicht, sich vehement gegen Wildlachsfischerei und Lachsaquakultur auszusprechen. Kein einziges Statement, das Jaenicke in den Gesprächen mit Gegnern der kommerziellen Lachsnutzung erfährt, wird kritisch hinterfragt. Das hätte dem Film aber gut getan und ihm zumindest den Anschein von Fairness gege- ben. Von einem Schauspieler erwartet man nicht zwangsläu- fig, dass er sich in Sachen Lachs auskennt. Wenn er sich je- doch dazu hinreißen lässt, bloße Behauptungen als Wahrhei- ten zu verkaufen, zu verallgemeinern und Wirtschaftszweige zu verurteilen, sollte man ihn gelegentlich bremsen und an seine limitierten Kompetenzen auf diesen Gebieten erinnern.
Es stimmt, dass die Zahl der wilden Lachse um Vancouver Is- land abnimmt. Im Gegensatz zu Jaenicke machen Kanadas Fischereiminister Jonathan Wilkinson und föderale Fische- reiexperten aber nicht primär die Aquakultur und das Piscine Orthoreovirus (PRV) dafür verantwortlich, sondern vor allem den Klimawandel. „Es steht außer Frage, dass der Klimawan- del erhebliche Auswirkungen auf unseren Lachs hat“, sagte der Minister kürzlich auf einer Pressekonferenz in Vancouver. Na- turschützer wie die Biologin Dr. Alexandra Morton behaupten im Film, PRV in den Lachsfarmen wirke sich auf vorbeischwim- mende Wildfische aus. Wissenschaftler der University of Bri- tish Columbia, die gezielte Studien dazu durchgeführt haben,
halten das jedoch für unwahrscheinlich, zumal nicht jede In- fektion automatisch zum Ausbruch der Krankheit führe. Auch der Bericht des Ureinwohners über den Rückgang der Lachse durch Aquakulturen, Überfischung, Krankheiten und Parasiten hätte eine Überprüfung verdient. Zwanzig BC First Nations ha- ben Partnerschaftsabkommen mit der Lachszucht in ihren Ho- heitsgebieten, die 78% aller in der Provinz gezüchteten Lachse erzeugen. Alle Lachsfarmen, die im letzten Jahrzehnt entstan- den, waren Partnerschaften mit First Nations. Ungefähr 20% der Lachszuchtjobs werden von First Nations People besetzt. Ebenso oberflächlich und einseitig wie aus Kanada berichtet der Film über Lachsfarmen in Norwegen, wie Kristin Pettersen, die norwegische Fischerei-Kommissarin für Deutschland, in ihrer Stellungnahme für den NSC analysiert hat.
Print- und TV-Medien klagen derzeit oft über Anschuldigungen wie „Lügenpresse“ oder „Haltungsjournalis- mus“, diese seien ungerechtfertigt und „populistisch“. Wenn in gleich zwei Filmen über Lachse komplexe Sachverhalte aber so verkürzt, vereinfacht und einseitig dargestellt werden, müssen Sender und Autoren sich wohl schon den Vorwurf populisti- scher Methoden gefallen lassen.
Dr. Manfred Klinkhardt
  Jaenicke sagt am Ende des Films: „Der Zuschauer merkt
 schnell, dass er keine Ahnung hat, was er da isst.“ Das gilt auch
 für ihn. Der Mann hat offensichtlich keine Ahnung, über was
 er da spricht.
   Zum FischMagazin gehören Fakten. Wir werden
den polemisch / kritischen Berichten in der nächsten Ausgabe eine saubere Analyse gegenüberstellen.
    FischMagazin 6-7/2020 3
Eine Stellungnahme von Norwegian Seafood Council lesen Sie auf Seite 8.
BILDQUELLE: ZDF-MEDIATHEK
















































































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