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  »Im Vergleich
zu den Portions- forellen bieten die größeren Lachsforellen mehr Mög- lichkeiten zur wertsteigernden Verarbeitung.
Früher spielte der Stress der Tiere bei Schlachtun- gen – wenn überhaupt – nur eine geringe Rolle, weil hauptsächlich die Produktqualität, die Effizienz und Sicherheit des Prozesses im Vordergrund standen. Heute herrscht aber allgemein Konsens in der Ge- sellschaft, dass auch Fische human und auf ethisch vertretbare Weise geschlachtet werden müssen. Nach den Richtlinien des britischen Farm Animal Welfare Committee (FAWC) sollte dem eigentlichen Tötungs- vorgang eine schmerzfreie Betäubung vorausgehen. Diese Forderung greift die EU-Verordnung VO (EG) 1099/2009 (Artikel 3 Absatz 1) auf, indem sie ver- langt, dass Fische bei ihrer Tötung von vermeidbarem Schmerz, Stress und Leiden zu verschonen sind. De- tails der Schlachtung werden in Deutschland insbe- sondere durch die Tierschutz-Schlachtverordnung (TierSchlV) geregelt, die eine zuverlässige Betäubung vor der Schlachtung auch bei Fischen vorschreibt. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) fordert zudem, dass das Betäubungsverfahren innerhalb einer Sekunde zum „Wahrnehmungsver- lust“ beim Fisch führen muss. Gemäß Anlage 1 Nr. 9 TierSchlV sind somit bei Regenbogenforellen folgen- de Betäubungsverfahren zulässig:
Elektrobetäubung (die Elektroden müssen so groß und so angeordnet sein, dass in allen Bereichen der Betäubungsanlage eine gleichmäßige Durchströmung der Fische gesichert ist) Stumpfer Schlag auf den Kopf (die Tötung hat unmittelbar danach zu erfolgen) Kohlendioxidexposition (nur bei Salmoniden!) Verabreichung eines Stoffes mit Betäubungseffekt (ausgenommen Ammoniak)
     Vakuumverpackungen sind heute nicht nur im industriellen Verarbeitungsbereich, sondern auch bei handwerklichen Kleinerzeugern üblich.
56 FischMagazin 4/2020
Elektrobetäubung ist häufig Methode der Wahl
Welche Betäubungsmethode genutzt wird, hängt letztlich von der Größe des Betriebes, den räumli- chen Möglichkeiten, der zu schlachtenden Fisch- menge, dem Produktsortiment sowie den Forde- rungen der Kunden ab. Viele Betriebe entscheiden sich für die Elektrobetäubung, weil sie schnell, zu- verlässig, effektiv und entsprechend der Größe des Betäubungsgerätes für unterschiedliche Fischmen- gen anwendbar ist. Die Kapazitäten marktüblicher elektrischer Betäubungsgeräte reichen von wenigen Kilogramm bis zu 200 kg Forellen und mehr. Größe, Form und Anordnung der Elektroden in den geprüf- ten Geräten garantieren ein homogenes Stromfeld, das eine tierschutzgerechte Betäubung der Forellen ermöglicht. Sowohl Stromart (z.B. Wechselstrom, gleichgerichteter Wechselstrom) als auch Strom- dichte (A/dm2) sind für die jeweilige Fischart opti- miert, was absolut zuverlässige Ergebnisse ermög- licht, wenn das elektrische Feld lange genug ein- wirkt (Dauer der Durchströmung). Nach Reimers, der 2008 an der TiHo Hannover über Elektrobetäu- bung von Regenbogenforellen promovierte, führen 0,1 A/dm2 (ca. 3 V/cm) nach 30 bis 60 Sekunden (andere Quellen empfehlen mindestens 2 Minuten Stromflusszeit) zum geforderten Wahrnehmungs- verlust, also dem Ausbleiben von Reflexen (einzelne
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