Page 6 - FL 10/2019 Titegeschichte
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Belgien Länderreport Adriaens NV
Weitere Diversifizierung
im Visier
Zottegem
BELGIEN
   Adriaens steht in der Riege der modernsten Rinderschlachthöfe Europas sehr weit vorn. Das Unternehmen wurde nach einem verheerenden Brand im Jahr 2011 völlig neu aufgebaut und kann höchste internationale Anforderungen erfüllen. Die wöchentliche Schlachtkapazität am Standort Zottegem liegt bei 2.500 Rindern, in den Betrieb integriert sind auch zwei Zerlege-Einheiten. Er ist BRC- und IFS-zertifiziert und verfügt über ein Bio-Prädikat. Im vergangenen Jahr wurden fast 77.000 Rinder geschlachtet, knapp 4,9 Mio. Tonnen Fleisch gewonnen, 22,5 Mio. Tonnen Rinderhälften verkauft. Der Umsatz lag 2018 bei 85 Mio. Euro.
Wenn Pascal De Clerck, CEO bei Adriaens, über ,sein‘ Unterneh- men spricht, dann spürt man den Stolz. Stolz darauf, ein schwieriges Jahr 2018 mit akzeptablem Ergebnis überstanden zu haben und den Stolz auf die Mitarbeiter, die das ermöglicht haben. Denn nach den Er- eignissen rund um die Veviba-Gruppe – zu der auch Adriaens gehört – hatten sich die wichtigsten Kunden von großen belgischen Handelsketten schnell zurückgezogen und es galt, schnellstmöglich neue Abnehmer für das erzeugte Rindfleisch zu finden. Ob- wohl sich die Mitarbeiter von Adriaens in Zottegem zu keiner Zeit fehlerhaft verhal- ten haben, mussten sie die Turbulenzen um das falsch etikettierte Fleisch aus Bas- togne auf diese Weise mittragen.
Während dieser Zeit kamen Tag für Tag von staatlichen Behörden beauftragte Veteri- näre in den Betrieb, kontrollierten durch- gehend alle Prozesse in Schlachtung und Zerlegung sowie in der Verwaltung. Das Ergebnis sprach ausnahmslos für die aus- gezeichnete Qualität aller Abläufe und Prozesse im Haus – es gab keinerlei Be- anstandungen. Trotzdem wurde von den Verantwortlichen ein komplett neues Qua- litätssystem eingerichtet, das nun auf digi- taler Basis ständig alle notwendigen Daten bereithält.
Der Schlachthof Adriaens ist modernst ausgestattet. Nach dem großen Brand vor acht Jahren haben die Verantwortlichen die Chance für einen gründlichen Neuanfang
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genutzt. Es wurde großzügig geplant und auf Wachstum gebaut, umweltschonende Technologien eingesetzt und auch insge- samt auf nachhaltige Lösungen gesetzt. Zum Beispiel wurde die Reihenfolge der Kühlzellen so gewählt, dass die Kälte wei- tergereicht wird, damit weniger Energie verloren geht.
Eine weitere Lösung: Die Energie der rund 38 °C warmen Schlachtkörper wird mitge- nutzt, indem sie mit 15 °C kaltem Wasser gekühlt werden. Das clever praktizierte Wärmetauscher-Prinzip sorgt dafür, dass sich das Kühlwasser erwärmt. Es wird in einem Tank gespeichert und kann spä- ter mit verringertem Energieaufwand auf 50 bis 60 °C erhitzt und in der Schlachtung eingesetzt werden. Pro Schlachtkörper be- nötigt das Unternehmen rund 850 Liter Prozesswasser. Dieses Wasser wird in einer Umkehr-Osmose-Anlage nach der Verwen- dung so gründlich gereinigt, bis es schließ- lich Trinkwasser-Qualität hat. Das schont die Umwelt und sorgt darüber hinaus für
Luftbild des nach einem Brand vor einigen Jahren neu errichteten Rinder- schlachtbetriebes von Adriaens in Zottegem.
bessere Akzeptanz bei der Bevölkerung. So wie auch die Begrünung rund um die gesamte Produktionssstätte und der Einbau von starken Filtern für weniger Geruchsemissionen.
Auf nachhaltige Lösungen setzt Adriaens aber nicht nur, wenn es um Technologie geht, sondern auch bei den fast 80 Mitarbei- tern in der Schlachtung. Dort werden keine Subunternehmen beschäftigt, alle im Team sind fest angestellt und werden gerecht be- zahlt. Die Festanstellung dient nicht nur der Qualitätssicherung, die Mitarbeiter haben auch in der schwierigen Zeit fest zum Un- ternehmen gestanden – alle sind geblieben und haben sich engagiert. Auf freiwilliger Basis wurden in allen Bereichen – der La- dezone, der Schlachtung, der Zerlegung – Kameras installiert, deren Aufnahmen für etwa einen Monat Auskunft über die Ar- beitsweise geben. Fünf Veterinäre der staat- lichen Belgischen Agentur für die Sicherung der Nahrungsmittelkette (FASNK) beauf- sichtigen permanent die Prozesse im Haus.
 



















































































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